Erlebnisbericht
"Lachsfischen an der Gaula" |
"Wenn der Lachs beißt, ist alles egal!"
Denn das ist der große Moment, dem wir Lachsfischer oft lange Zeit
ergebnislos entgegen fiebern.
Ergebnislos in Punkto Fangerfolg. An weitreichenden Erklärungen,
weshalb die Lachse gerade nicht beißen wollen, mangelt es uns
Lachsfischen eher selten!
Die Gaula, einer der bekanntesten Lachsflüsse Norwegens, birgt für all
diejenigen Lachsfischer, welche das Fischen in der frühen Saison - also
auf die frisch aufsteigenden noch blanken Lachse, bevorzugen, eine ganz
besondere Gefahr.
Zu Beginn einer jeden Saison führt die Gaula zunächst noch einen
deutlichen Anteil an Schmelzwasser, welches hochoben aus den
schneebedeckten Bergen stammt. Dieses besonders kalte Wasser frißt sich
mit großer Geschwindigkeit und unter hohem Druck seinen Weg durch den
sogenannten Gaulfossen (Bild unten), eine Engpassage zwischen zwei
steilen Felswänden, welche sich über eine Länge von mehreren hundert
Metern erstreckt. In dem Pool direkt unterhalb dieser Passage sammeln
sich in dieser Zeit hunderte von Lachsen und warten darauf, dass die
Wassertemperatur und der Wasserdruck zusammen eine für den Lachs
attraktive Mischung ergeben. Es gilt dabei: Je höher die
Wassertemperatur, desto größeren Wasserdruck ist der Lachs zu
überwinden bereit.
Für all die Lachsfischer, die nun Strecken unterhalb des Gaulfossens
gebucht haben, heißt dies hoffen, dass die Lachse noch nicht passieren,
denn dies steigert die Bestandsdichte und somit die Fangchance enorm.
Und für die Lachsfischer, die nun Strecken oberhalb des Gaulfossens
gebucht haben, heißt es hoffen, dass die Lachse rechtzeitig vor
Reisebeginn passieren.
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Mein
bester Freund Sven und ich sind beide "Lachsenthusiasten", die es
bevorzugen in der frühen Saison auf die frisch aufgestiegenen und oft
sehr großen Lachse zu fischen!
Und so fuhren wir Mitte Juni wieder einmal an die Gaula, um dort
oberhalb des Gaulfossens auf den Strecken des Norwegian Flyfishers Club
unser Glück zu suchen.
Unsere größte Hoffnung ist dabei stets, dass wir beide jeder einen
Lachs fangen.
Nur einen? Ja, nur einen! Denn dieser wird blitzblank, dick, rund und
von jener anmutigen Schönheit sein, die uns Lachsangler immer wieder
geradezu magisch in ihren Bann zieht.
Diesmal bekamen wir tatsächlich den erhofften Start. Ich konnte bereits
gleich zu Beginn der Reise einen 5,5Kg schweren Lachs zum Nehmen meiner
Fliege verführen und ihn schließlich sicher landen!
Nur wenig später konnte auch Sven einen ersten Lachs haken und ihn bis
kurz vor die Landung bringen. Dies war ein großer Lachs um die 10 Kg
schwer!
Doch leider hatte Sven großes Pech, und der Lachs kam unmittelbar vor
der Landung wieder frei.
"Nicht aufgeben, die Woche ist erst am Samstagmittag vorbei!" war
fortan unsere gemeinsame Devise.
Natürlich muß man einen entsprechenden Verlust erst einmal verarbeiten
und denkt noch so manches Mal an die letzten Sekunden jenen Drills
zurück.
Zwei Tage später hatte ich erneut Glück, und nachdem Sven und ich eine
ganze Nacht lang Durchgang für Durchgang immer wieder durch den
berühtem "Bridgepool" gefischt hatten, nahm in letzter Sekunde doch
noch ein starker Lachs vehement meine Fliege!
Ein 10,5Kg schwerer Silberbarren - was für ein Fisch!
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Sven
tailte diesen Fisch für mich mit der gewohnten Sicherheit. Was für ein
gemeinsamer Moment! Danke!!!
Als nächstes war Sven an der Reihe, keine Frage.
Und tatsächlich, am nächsten Nachmittag konnte sich Sven einen weiteren
Anbiss erarbeiten. Ich selbst schlief zu dieser Zeit, wohl gebettet auf
"der typischen Ruhe nach dem Lachs". Sven kämpfte hart weiter und wurde
belohnt. Bis kurz vor die Landung!
Es sollte nicht sein, und Sven verlor leider auch diesen zweiten großen
Lachs nach längerem Drill durch Ausschlitzen des Hakens. Was für ein
Pech!
Fair? Nein, fair war das Lachsfischen noch nie wirklich!
Vielmehr ist es oft eine deutliche körperliche und emotionale
Herausforderung.
Sven ist ein Kämpfer! Und ans Aufgeben war wahrlich nicht zu denken. Zu
allem Überfluß kamen in jener Woche auch noch akute Zahnschmerzen für
ihn erschwerend hinzu. Ein kurzer Besuch im Krankenhaus Trondheim war
die Folge!
Doch aufgeben? Nein, niemals. Ein Lachs mußte her!
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Und
so kämpfte Sven weiter, und Ihr ahnt es schon, er wurde abermals
belohnt und konnte einen dritten großen Lachs haken. Welch ein
erlösendes Gefühl als dieser Lachs die Leine strammte!
Ich machs kurz: Nach fünf minütigen Drill schlitzte der Haken erneut
aus.
Fassungslosigkeit und eine Art Ohnmacht machten sich breit. Bei mir,
nicht aber bei Sven.
Sven kämpfte weiter!
"Wenn ich eines Tages einen richtig großen Lachs verführen kann, laß
ihn bitte wild kämpfen!" - hatte ich mir immer gewünscht.
Denn oft sind es gerade die richtig großen Lachse, welche eher
ausdauernd als besonders wild kämpfen.
In unserer letzten Nacht mußte Sven seinem Körper Tribut
zollen und einige Stunden Schlaf nachholen. Ich fischte alleine und
erhielt gegen 2 Uhr einen sanften Anbiß. Optimal reaktionslos pariert
(nie sofort anschlagen!),
strammte sich Sekunden später langsam meine Leine, und nun war es
Zeit, die Rute zu heben. Im gleichen Moment explodierte meine Rute
förmlich.
Kein Zweifel, dies war ein großer Lachs!
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Was
folgte, war ein Drill auf Biegen und Brechen, der mehrfach auf Messers
Schneide stand.
Der Lachs flüchtete flußabwärts und verhakte die Fliegenschnur hinter
einem Stein am Grund kurz vor dem Beginn einer langen und schnellen
Rausche. Dort blieb er auch vorübergehend stehen.
Ich dachte zunächst der Lachs sei frei gekommen und hätte das Vorfach
gesprengt. Die Schnur hing absolut regungslos hinter dem Stein fest.
Ich nahm nun sehr langsam den Druck von der Schnur und siehe da, am
anderen
Ende reagierte jemand mit zwei ganz leichten Zupfern!
Nun rannte ich einige Meter flußaufwärts, um schließlich mit der
Strömung im Rücken möglichst weit in den Fluß hinein waten zu können.
Auf diese Weise konnte ich mit der Rute am ausgestreckten Arm die
Schnur hinter dem Stein frei bekommen.
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Der
Lachs machte Kehrtwendung und schoß in die flußabwärts folgende Rausche.
Hier war kein Halten mehr, und ich mußte ihm schwimmender Weise folgen,
um einige Meter abwärts auf einer Steinschüttung wieder an Land
klettern zu können.
Von hier an hieß es rennen, so gut dies eben auf einer
Steinschüttung möglich ist. Ich fiel dreimal böse auf die Nase.
Doch wer
mich
kennt... Nach über 500m kam ich am Folgepool an, und konnte
langsam
Meter für Meter die Distanz zwischen mir und meinem Kontrahenten
verkürzen.
Am Ende konnte ich einen Blanklachs von 13,8 Kg sicher landen. Ein
unbeschreiblicher Moment!
Ich landete diesen Lachs 1Km flußabwärts von jener Stelle, wo er meiner
Fliege 45 Minuten vorher verfallen war. |
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Gut
eine Stunde später hatte ich mit dem Lachs auf dem Rücken den
Ausgangspool wieder erreicht.
Sven und ich fischten zusammen mit zwei schottischen Kollegen in der
Rotation. Dieser unser letzter Morgen hatte es in sich!
Auch einer der beiden Schotten konnte noch zwei Lachse mit 11,5 und
12Kg
fangen, bevor kurz vor dem Mittag Sven (zurück aus dem Tiefschlaf)
ebenfalls an unserem Pool erschien.
Gemeinsam wurden wir nun Zeuge, wie der zweite der Schotten einen
dritten Lachs erfolgreich auf deren Konto verbuchen konnte.
Was für ein Morgen: Drei Lachse über 10Kg und einer mit 9,5Kg!
Die Woche war noch nicht zu Ende - nicht jedenfalls für Sven!
Er unternahm noch einen letzten kurzen Versuch in einem anderen Pool,
und
konnte tatsächlich in allerletzter Sekunde einen vierten Lachs
erfolgreich haken!
Und auch bei diesem vierten Lachs handelte es sich erneut um ein sehr
stattliches Exemplar von
geschätzten 10Kg. Sven konnte den Lachs bis kurz vor die Landung
drillen und wollte gerade dessen Schwanzstil umfassen, als plötzlich -
Sie ahnen es vermutlich schon, der Haken abermals ausschlitzte!
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Ihr
erinnert Euch? Fair ist das Lachsfischen selten!
Diese Woche bleibt für uns beide unvergessen.
Beide hatten wir vier Bisse zu verzeichnen. Ich hatte neben einem
Fehlbiß drei herrliche Lachse gelandet, während Sven das nötige Glück
verwährt blieb, und er alle vier Lachse im Drill verlor.
Wie gerne hätte ich einen meiner Lachse an ihn abgegeben. Doch so
funktioniert das mit dem Lachsfischen eben leider nicht!
Was blieb, war die Hoffnung auf den einen Lachs im nächsten Jahr!
Und dieser kam auch - für Sven!
Und nicht nur einer, aber davon berichte ich ein andernmal!
Herzlich
Euer Bernd
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