- Fliegenwurfschule -
Das Erzeugen von Schnurgeschwindigkeit
(Achtung: Ein signifikanter Ausflug in die Wurfphysik für
Fortgeschrittene!)
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Um
beim Fliegenwerfen die Fliege erfolgreich ins Ziel zu bringen, benötigt
man in den allermeisten Situationen zwei Dinge:
1. eine enge Schlaufe und
2. eine angemessene
Schnurgeschwindigkeit.
Zum Formen der engen Schlaufe, finden Sie hier:
>> Klicken!
einige Informationen.
Eine angemessene Schnurgeschwindigkeit bedeutet, dass die
Schnurgeschwindigkeit zur Schnurlänge und zur Situation passen sollte.
So braucht man z.B. für das Werfen einer längeren Schnurkeule gegen den
Wind eine deutlich erhöhte Schnurgeschwindigkeit, während man für das
Werfen einer kurzen Schnurkeule bei Windstille eine erheblich geringe
Schnurgeschwindigkeit benötigt.
Doch wie erzeugt man eigentlich die passende Schnurgeschwindigkeit?
Zwei Fälle sind hierbei hauptsächlich zu unterschieden:
1. das Werfen ohne
Zugunterstützung, also nur mit der Rutenhand und
2. das Werfen mit
Zugunterstüzung, also (in den meisten Fällen) mit Doppelzug.
In der Rutenhand hält man einen langen und flexiblen Hebel, nämlich die
Fliegenrute. Diesen zieht und rotiert man im Wurfablauf, um so sehr
effizient eine hohe Geschwindigkeit für die Rutenspitze zu erzeugen.
Bei diesem Prozess erzeugt man zusätzlich eine Biegung (oder Aufladung)
in der Rute. Mit dem Erreichen der maximalen Aufladung beginnt sich die
Rute wieder zu entspannen bzw. sich wieder gerade zu stellen.
Durch diesen Prozess des Entspannens wird die Rutenspitze noch
zusätzlich (in der Regel um ca. 20%) beschleunigt. Wichtig zu
verstehen, ist es, dass alle Kraft für den Wurf nur vom Werfer selbst
stammt. Die Rute kann selbst nicht arbeiten und nicht werfen - auch,
wenn viele Wurflehrer ("Lass mal die Rute mehr arbeiten!") dies
immernoch gerne sagen.
Der Hauptanteil der Geschwindigkeit für den Spitzenring (und somit auch
der Schnur) wird also über die Rotation der Rute erzeugt. Es gilt:
"Rotation macht die
Geschwindigkeit!"
Wenn Sie die Rotation wie beim "Bow and Arrow" Cast weg lassen (siehe
hierzu das unterste Bild), so werden Sie feststellen, wie begrenzt Sie
dadurch in der Schnurgeschwindigkeit und somit der Wurfweite sind. Dies
gilt inbesondere bei mittleren oder größeren Schnurmengen. Für eine
sehr kleine Schnurmenge kann man durchaus noch eine hohe
Schnurgeschwindigkeit mit jenem "Bow and Arrow" Cast erzeugen.
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Beim
Werfen mit Doppelzug erzeugt man einen zusätzlichen Zug der Schnur
durch die Rutenringe mittels Schnurhand, um die Schnurgeschwindigkeit
insgesamt noch zu steigern.
So zumindest glauben es viele Fliegenfischer.
In Wahrheit geht es bei der Verwendung des Doppelzuges keineswegs nur
um allerhöchste Schnurgeschwindigkeiten. In vielen Fällen geht es z.B.
darum, mit der Schnurhand einen zusätzlichen Schnurzug (also
zusätzliche Schnurgeschwindigkeit) zu addieren, um im gleichen Moment
den Krafteinsatz (und somit die resultierende Schnurgeschwindigkeit)
über die Rutenhand um den gleichen oder einen ähnlichen Zusatzbetrag
reduzieren zu können. Die Gesamtschnurgeschwindigkeit bleibt somit in
vielen Situationen durchaus nahezu identisch.
Allerdings entsteht beim Erzeugen einer Schnurgeschwindigkeit von 100
Km/h mit Doppelzug WENIGER Rutenbiegung, als wie beim Erzeugen dieser
Schnurgeschwindigkeit durch das Werfen ohne Zugunterstützung. Weniger
Biegung bedeutet auch weniger Überschwingen der Rute. Dies hat eine
engere Schlaufe zur Folge! Hierzu finden Sie hier:
>> Klicken!
weitere Einzelheiten. Es fällt also leichter, eine enge Schlaufe mit
dem Einsatz vom Doppelzug zu werfen!
Ein paar Worte zum Thema Rutenbiegung (Vorsicht, jetzt geht's wirklich
etwas tiefer in die Wurfphysik):
Wir erzeugen die Rutenbiegung beim Werfen gegen die Trägheit der Masse
von der Fliegenschnur und gegen die Trägheit der Masse der Rute selbst.
Hinzu kommt noch der Luftwiderstand, und ein weiterer wichtiger Faktor
ist der jeweilige Winkel zwischen der Fliegenschnur außerhalb der
Rutenspitze und der Rute.
Wenn man nun den Krafteinsatz über die Rutenhand reduziert, so erzeugt
man weniger Biegung gegen die Trägheit der Rutenmasse. Die Biegung
gegen die Trägheit der Schnur bleibt in etwa identisch, denn wir
gleichen ja den fehlenden Teil an Schnurgeschwindigkeit über die
Rutenhand mittels Schnurzug über die Schnurhand beim Werfen mit
Doppelzug aus.
Genaugenommen erzeugt auch der bloße Zug mit der Schnurhand etwas
zusätzliche Rutenbiegung. Dies ist allerdings vergleichsweise sehr
wenig - zumindest deutlich weniger als jener Teil an Rutenbiegung, um
den wir die erzeugte Biegung reduzieren, wenn wir den Krafteinsatz über
die Rutenhand reduzieren.
Halten wir also fest:
Mit der Rutenhand erreicht man einen sehr hohen Wirkungsgrad beim
Erzeugen von Schnurgeschwindigkeit, weil man die Rute optimal als
flexiblen Hebel nutzen kann. 100 Km/h an Geschwindigkeit für die
Rutenspitze (und somit der Schnur) sind hier ohne weiteres möglich.
Mit der Schnurhand hingegen erreichen viele Werfer selbst bei hohem
Krafteinsatz kaum mehr als 20 Km/h an Geschwindigkeit. Doch was genau
bedeuten diese 20 Km/h eigentlich für die Schnurgeschwindigkeit der
Schnur außerhalb der Rutenspitze?
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Vielfach
konnte und kann man Aussagen lesen, wie z.B.: "Durch den Doppelzug
erzeugt man ca. 30% der Schnurgeschwindigkeit!"
Nun, dies kommt aus meiner Sicht immer darauf an, wie stark ich den Zug
mit der Schnurhand ausführe, und wieviel Kraft ich über die Rutenhand
einsetze. Denn beides kann ich je nach Situation steuern.
Für einen durchschnittlichen Wurf mit Doppelzug sind die 30%
Schnurgeschwindigkeit durch den Doppelzug durchaus representativ!
Wichtig zu verstehen ist:
Der Doppelzug wird mit beiden Händen - also mit der Schnurhand UND mit
der Rutenhand ausgeführt!
Übrigens heisst der Doppelzug Doppelzug, weil man in Vor- UND Rückwurf
einen zusätzlichen Zug der Schnur durch die Ringe addiert.
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Mit
der Rutenhand beschleunigt man den untersten Ring (im Optimalfall
möglichst exakt) entgegengesetzt zur Schnurhand. Beide
Geschwindigkeiten addieren sich somit beinahe (beinahe, weil man es
nicht ganz schafft, den untersten Ring und die Schnurhand exakt
geradlinig voneinander weg zu beschleunigen).
In der Summe erhält man die Geschwindigkeit der Schnur durch den
untersten (und somit durch alle) Ring(e)!
Ein entscheidener Beitrag zur Gesamtschnurgeschwindigkeit der Schnur
durch die Ringe stammt also
wieder von der Rutenhand!
Es gilt: Mit wenig Kraft über die Rutenhand erreicht man viel
Geschwindigkeit (für die Rutenspitze und als Beitrag zum Doppelzug),
und mit viel Kraft über die Schnurhand kann man die
Schnurgeschwindigkeit noch etwas erhöhen, sofern es gefordert ist.
Kompliziert?
Ich verrate Ihnen gerne, der Weg zu dem folgenden Schaubild verlief
durch einen jahrelangen Austausch mit anderen "Wurfverrückten" aus
mittlerweile der ganzen Welt.
Vielleicht eine etwas andere Betrachtungsweise, als man sie bisher sah.
Dr. Grunde Lövoll (Physiker von der Uni Olso) kommentierte dies Bild
sinngemäß mit: "Anders, aber sehr einleuchtend, um wirklich zu
verstehen, was beim Doppelzug passiert."
Ich gebe meinen Dank sehr gerne an ihn und Jason Borger zurück. Denn
ohne deren Zahlenmaterial, welches aus Untersuchungen und Messungen mit
Highspeedkameras stammte, wäre dieses Schaubild so nicht entstanden!
Ich hoffe, ich konnte mit meinem Beitrag den dichten Nebel um die
Schnurgeschwindigkeit beim Fliegenwerfen ein wenig lichten!
Herzlich Ihr und Euer
Bernd Ziesche
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Die Entstehung der Schnurgeschwindigkeit im
Überblick:
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Dieses
Schaubild als PDF zum Download: >>Hier
Klicken!
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Beim Fischen ist es oft eher
die unberührte Stelle, als die große Wurfweite, welche den besonders
starken Fisch bringt!
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