Fliegenfischen auf Meerforellen mit
extrem hoher Einholgeschwindigkeit
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Als
ich vor gut 15 Jahren das erste Mal vom Fliegenfischen auf Meerforellen
an der Ostsee-Küste mit extrem hoher Einholgeschwindigkeit (als großem
Fangerfolgsfaktor) berichtete, schwappte mir eine Welle der
konstruktiven Kritik entgegen. Ein Teil jener Kritik bezog sich auf den
Verlust des Spaßfaktors beim Fliegenfischen, welcher durch solch extrem
schnelles Einholen abhanden käme. Ein Großteil der Kritik bezog sich
hingegen insbesondere auf den von mir als vergleichsweise sehr hoch
eingestuften Fangerfolg. Viele erfahrene Küsten-Fliegenfischer wußten
mir von tollen Fängen bei niedriger Einholgeschwindigkeit zu berichten
und favorisierten diese.
Besonders in meinen letzten 10 Jahren als Lehrer für das Fliegenfischen
konnte ich sehr viele unterschiedliche Techniken im direkten Vergleich
beim Fliegenfischen auf Meerforellen entlang der Küste beobachten und
vergleichend analysieren.
Insgesamt konnte ich sehr selten bessere Fänge bei niedrigerer
Einholgeschwindigkeit beobachten. Diese wenigen, besseren Fänge
basierten entweder darauf, dass die Fliege bei niedrigem Einholtempo
deutlich tiefer lief, oder dass mit einer sehr kleinen Fliege am dünnen
Vorfach vorwiegend kleinere Meerforellen bei sehr ruhigen Bedingungen
mit klarem Wasser gefangen wurden.
In 9 von 10 Situationen wurden mit der Sinkschnur und einer beschwerten
Fliege bei möglichst hohem Einholtempo mehr Meerforellen und
inbesondere mehr große Meerforellen gefangen. Ein signifikanter Anteil
dieser Situationen beinhaltete sogar das vollständige Verweigern der
langsamer geführten Fliegen!
Mit Anglerglück hat dieser deutlich unterschiedliche Fangerfolg beider
Angelmethoden meiner Erfahrung folgend nichts zu tun.
Nachfolgend (rechts beginnend) die wichtigsten Vor- und Nachteile beim
Fischen mit sehr hoher
Einholhgeschwindigkeit.
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Die Vorteile der hohen
Einholgeschwindigkeit
- Die Fliege ist über das Sehen erheblich schwieriger als unecht
erkennbar.
- Es ist schwieriger für die Meerforelle, den Geruchssinn prüfend
einzusetzen.
- Erheblich härtere Anbisse (die Fliege sitzt oft besser).
- Deutlich weniger Zeitverzögerung zwischen dem Anbiss und der
Bisserkennung.
- Effektiveres Hakensetzen.
- Provoziert blitzschnelles Reflexverhalten (geringere Reaktionszeit),
was zu mehr Anbissen führt.
- Das schnelle Bewegungsmuster kommt dem typischen Fluchtverhalten der
meisten Beutetiere der Meerforelle erheblich näher.
- Das Vorfach direkt vor der Fliege ist deutlich schlechter zu sehen.
- Die Meerforelle wird zumeist HINTER die Fliege forciert und sieht
dadurch das Vorfach oft nicht.
- Man befischt mehr Fläche pro Zeit.
- Jeglich loose Schnur zwischen der Meerforelle und der Rutenspitze
dämpft die Chance, den Biss unmittelbar zu FÜHLEN. Je schneller man
einholt, umso geringer diese Dämpfung!
- Die Meerforelle muß nicht (wie bei sehr geringem Einholtempo) nahezu
die gesamte Schnur außerhalb der Rute in Bewegung versetzen, um den
Biss fühlbar zu machen. Bei schnellem Einholen bewegt der
Fliegenfischer den Großteil der Schnur selbst.
- Wer schnell kann, kann auch langsam und ist somit sehr flexibel im
Spektrum seiner möglichen Techniken.
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Die Nachteile der hohen
Einholgeschwindigkeit
- Man benötigt eine kleine Trainingsphase für das Erlernen meiner
speziellen Einholtechnik für die hohe Einholgeschwindigkeit.
- Die Beanspruchung der Finger- und Ellenbogengelenke ist etwas höher.
- Beim Einsatz einer schwimmenden oder sehr langsam sinkenden
Fliegenschnur
läuft die Fliege in oder dicht unter der Wasseroberfläche,
was schnell zu Fehlbissen und Drillverlusten führen kann.
- Das schnelle Einholen führt zu kürzeren Einholphasen, was gerade bei
geringer Wurfweite ein sehr häufig erneutes Werfen mit sich bringt.
Im Hinblick auf den Fangerfolg überwiegen meiner Erfahrung nach die
Vorteile des schnellen Einholens
sehr deutlich, und entsprechend konnte ich bei dieser Methode vielfach
die meisten Fänge an der Küste (wie auch auf viele andere
Fischarten in anderen Situationen) beobachten.
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Der heilige Gral
Der heilge Gral ist das Fliegenfischen mit sehr hoher
Einholgeschwindigkeit natürlich nicht. Allerdings ist ein guter
Fangerfolg für viele Fliegenfischer sehr
wichtig. Genau hierfür ist ein sehr hohes Einholtempo in vielen (aber
nicht allen) Situationen von entscheidender
Bedeutung.
Ich empfehle, das Einholtempo insbesondere für die ersten Würfe
deutlich zu erhöhen. Danach variiere ich meine Strategie oft und hole
z.B. eine kleinere Fliege langsamer ein.
Die beste Strategie ist zumeist diejenige, welche optimal auf die
fischereiliche Situation UND die eigenen Fähigkeiten und Wünsche
abgestimmt ist. Je variiabler man dabei fischt, umso besser!
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Meerforellenfischen, ob nun mit mehr
oder weniger Einholgeschwindigkeit.
Herzlich Euer
Bernd Ziesche |
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