Erlebnisbericht "Fliegenfischen auf Tarpon - Nicaragua im März 2018"
Anfang März ging es für Holger und mich nach reichlich Vorbereitungen zum Fliegenfischen nach Nicaragua. Ich hatte viele Fliegen für verschiedene Fischarten wie Tarpon, Permit, Barracuda, Jack, Bonefish und Snook gebunden. Wir flogen von Hamburg über London und Houston nach Managua. Nach einer Übernachtung reisten wir in einer 4 stündiger Taxifahrt weiter bis San Carlos. Von hier aus fuhren wir mit dem Boot weiter nach El Castillo direkt an dem Grenzfluss "San Juan" zwischen Nicaragua und Costa Rica gelegen. Der Rio San Juan war einst weit hin bekannt als einer DER Topflüsse zum Fischen auf Snook und Tarpon. Das Fliegenfischen erhielt in dieser Region allerdings nie einen nennenswerten Einzug, und entsprechend gab es keine erfahrenen Guides am Rio San Juan. Wir hatten vorab einen Guide direkt in El Castillo gebucht. Gleich am ersten Morgen nach unserer Ankuft starteten wir gemeinsam in seinem Boot, um auf Tarpon zu fischen. Nachdem wir eine Weile vom flußab driftenden Boot gefischt hatten, was die Einschätzung der Position von der Fliege relativ zur Position des flußauf ziehenden Tarpon schwierig machte, eröffnete uns der Guide die Option, vom ankernden Boot zu fischen. Dies hielten wir für besser. Zu unserer Verwunderung mußte der Guide seinen Anker allerdings erst vom Dock abholen. Obendrein wunderte ich mich über das 6 Meter kurze Ankerseil. Tatsächlich driftete das Boot weniger später trotz nieder gelassenem Anker munter weiter flußab. Auf mein Nachfragen nach der Tiefe hin wurde die Ursache schnell klar: Der Guide wußte nicht, wie tief "sein" Fluss an dieser Stelle war. Wir fuhren zurück zum Dock, und unser Guide holte weitere !4! (VIER) Meter Ankerseil. Ich knotete beide Ankerseile mit einem Palsteg zusammen.

Dabei entging mir nicht die Schwachstelle 4 Meter oberhalb des Ankers auf dem ersten Stück Ankerseil. Ebenfalls ahnte ich bereits, dass der Anker aufgrund des zu steilen Winkels vom nun vielleicht gerade reichenden Ankerseil nicht gut fassen würde. Tatsächlich schliffen wir den Anker eine Weile über Grund - es war ca. 8 Meter tief, bevor dieser in einer (ich denke) Baumwurzel fest hing. Doch nun fischten wir erst einmal gut 2 Stunden auf die wenigen (5 oder 6) Tarpone, welche wir in dieser Zeit in sehr verschiedenen Positionen (teils zu weit) vor unserem Boot sahen. Bei dem anschließenden Versuch, den Anker zu liften, brach wie befürchtet das Ankerseil auf jener Schwachstelle. Von den 10 Meter Ankerseil (6 Meter alt + 4 Meter neu) kamen nun 6 Meter zurück an Bord. Somit war eindeutig klar, dass am Anker nur 4 Meter Ankerseil verblieben waren. Diese 4 Meter waren natürlich zu kurz, um das Seilende (wie auch immer) aus jenen 8 Meter Tiefe an die Wasseroberfläche bekommen zu können. Es war kein leichtes Unterfangen, diese Rechnung unserem Guide plausibel zu machen. Nachdem unser Guide während unserer Mittagspause vergeblich versuchte, das Ende des Ankerseiles (und somit den Anker) mittels seiner Spinnrute wieder zur Oberfläche zu bekommen, befischten wir während der zweiten Hälfte des Tages, wie auch am nächsten Tag, noch einige weitere optisch extravagante Plätze oberhalb und unterhalb von El Castillo. Wir sahen einige starke Tarpone, die aber ganz und gar nicht in Beisslaune waren. Nach einigen zusätzlichen Versuchen, einen Snook an die Fliege zu bekommen, wußte unser Guide zu berichten, dass durch das Jahre lange Fischen mit Sprengstoff, Gift, Kiemennetzen und Harpunen die Snooks leider nahezu ausgerottet waren. Auch die Anzahl der Tarpone war am Rio San Juan die letzten Jahre stark rückläufig. Leider wurden hier viele der Tarpone harponiert und an die Schweine verfüttert.
Am vierten Tag eröffnete uns der Guide eine fantastische Fahrt weit flußab tief in den Jungle Nicaraguas und Costa Ricas, auf der wir sehr große Krokodile, verschiedene Affenarten, eine atemberaubende Vogelwelt, Schildkröten und Leguane sahen. Beflügelt durch die Eindrücke dieser großartigen Junglewelt  gelang uns der Fang einiger Machacas (Unterart Piranha) in (für diese Art) beachtlicher Größe.
Am Folgetag reisten wir mit dem Boot zurück nach San Carlos. Von hier aus fuhren wir in einer 11 stündigen Busfahrt weiter nach Pearl Lagoon im karibischen Osten Nicaraguas. Diese Busfahrt war nicht nur lang, sondern auch sehr staubig, sauerstoffarm und schlicht äußerst beschwerlich! In Pearl Lagoon angekommen, trafen wir einen weiteren einheimischen Guide, der sich in Sachen Tarpon deutlich besser auskannte. Mit ihm fuhren wir am nächsten Morgen für 2 Tage in das Lagoonensystem mit all seinen Kanälen und Flüssen nördlich von Pearl Lagoon. Nachdem wir zunächst unsere neue Unterkunft in einem kleinen Dorf mitten im Urwald bezogen hatten, starteten wir unmittelbar mit dem Fliegenfischen auf Tarpon und Jack. Tatsächlich konnte ich nach wenigen Minuten einen ersten Jack fangen. Gleich am nächsten, sehr frühen Morgen war es endlich soweit, und ein erster Tarpon nahm die Fliege von Holger. Leider schaffte es dieser Tarpon, die Fliegenschnur beim Anbiss durch Holgers Hände zu reissen, wodurch Holger seinen Haken nicht setzen konnte. Wenige Sekunden später spuckte dieser Tarpon die Fliege wieder aus. 2 Minuten später wiederholte sich dieses Szenario auch für mich! Danach konnte ich - alle meine Sinne aufs Äußerste geschärft, meinen Haken sehr gut setzen: Und fest! Ein starker Tarpon von 90-100 Pfund hatte meine Tarponfliege vehement genommen. Nach 45 Minuten hartem Kampf hatte ich den Tarpon sehr dicht am Boot, und er war im Begriff, sich auf seine Seite zu legen.


Nun zog ich den Beginn des Vorfaches in die Rutenspitze ein, was mit einem lauten "Klack" einen vorangegangenen fatalen Fehler meinerseits unterstrich. Ich hatte das 130lbs. starke Fluorocarbon Vorfach mittels einer Quetschhülse in der Schlaufe der Fliegenschnur befestigt. Eine Schlaufe in Schlaufe Verbindung. Das aus der Quetschhülse kommende Ende des Vorfaches hatte ich allerdings nicht knapp genug abgeschnitten, wodurch es zwar in den Spitzenring hinein, nicht aber wieder heraus konnte! Nack jenem Klack hatte ich 2 bis 3 Sekunden, eine Lösung zu finden. Mir schossen folgende Gedanken in den Kopf:
A) Ich werfe Rute, Rolle und Schnur dem Fisch hinterher über Bord.
B) Ich werde vom Tarpon über Bord gezogen.
C) Ich teile die Rute in der Mitte und lasse den Tarpon mit dem oberen Rutenteil fest am Vorfach wieder los schießen.
Das 130 lbs. Vorfach zu zerreissen, war ebenso wenig eine Option, wie den 7/0er Haken aufzubiegen. Ich entschied mich für C) und drillte den Tarpon weitere 20 Minuten an der halben Rute, bevor der Haken aus dem direkt am Boot befindlichen Tarpon ausschlitze. Was für ein Kampf - und welch ein verdienter Sieger!
Am nächsten Morgen durfte ich einen weiteren starken Tarpon mit 80-90 Pfund drillen. Dieser Tarpon kämpfte meiner Einschätzung nach ungewöhnlich stark, und als ich ihn nach 60 Minuten direkt vorm Boot hatte, sah ich, dass der Haken leider nicht im Maul, sondern seitlich hinter dem Auge saß. Ab diesem Moment erhöhte ich den Druck aufs Äußerste und wenig später schlitzte der Haken aus. Natürlich wollte ich keinen fehlgehakten Fisch landen. Nach diesem Drill ging es zurück nach Pearl Lagoon.


























































Nach einer Übernachtung in Pearl Lagoon wurden wir mit dem Boot direkt weiter nach Calala Island gefahren. Calala Island ist ein sehr kleines Juwel inmitten der Pearl Key Inseln in der östlichen Karibik Nicaraguas. Hier waren wir für einige Tage eingeladen, den Fischbestand rund um diese Trauminsel zu untersuchen. Neben einer außergewöhnlich perfekten kulinarischen Verpflegung und einem nicht steigerbarem Service bot uns Calala Island jeden Tag ein oder zwei faire Chancen, einen starken Permit und zumeist ein oder zwei kleinere bis mittelgroße Barracudas anzuwerfen. Mit viel Einsatz konnte ich einige Snapper, eine Spanish Makrel, einige kleine Jacks und einen kleineren Barracuda erfolgreich überlisten. Ein gewaltiger Permit (ich schätzte ihn auf ca. 20Kg) verfolgte meine Fliege, bevor er kurz vor meiner Rute wieder abdrehte. Ansonsten waren die Permits in dieser Woche leider nicht in Beißlaune, oder unsere Präsentationen waren noch nicht ausgepfeilt genug!? Auch mit wenig gefangenen Fischen wird Calala Island für immer als ein sehr besonderer Platz in unserer Erinnerung bleiben. Wer einen sehr exklusiven Platz für einen Urlaub mit seiner Frau in besonders privater Atmosphäre sucht, an dem man auch ein paar Würfe auf wirklich starke Permits und gute Barracudas ansetzen kann, der dürfte hier richtig sein!
Für Holger ging es nach unseren Tagen auf Calala Island zurück nach Deutschland, während ich kurzer Hand noch einmal für 3 Tage den Tarponen nachstellte. Hierfür ging es zurück nach Pearl Lagoon, wo mein Guide bereits auf mich wartete. Nach einer 2 stündigen Bootsfahrt erreichten wir schließlich erneut die Welt der Tapam!






































Wir kamen genau zum Vollmond an, was in Tarponen resultierte, die nahezu ausschließlich mitten in der Nacht und ganz früh am Morgen auf der Jagd waren. Mein Guide und ich entschieden gemeinsam, unsere Fischerei mitten in die Nacht zu verlegen - wahrlich keine Selbstverständlichkeit für einen Guide - meinen größten Dank für diese Möglichkeit! In der ersten Nacht konnte ich nach 2 Minuten erneut einen Tarpon, diesmal einen kleineren mit 40-50 Pfund erfolgreich haken. Nach ca. 15 Sprüngen in 3 oder 4 Minuten sprang sich dieser Tarpon von meiner Fliege (wohl verdient) frei. Bereits 2 Minuten später war ich erneut fest! Diesmal wieder an einem starken Tarpon mit gut 100 Pfund. Nach etwas über einer Stunde Drill hatten wir den Tarpon dicht am Boot. Leider schlitzte kurz vor der Landung der Haken aus - schlichtes Pech! Am Abend erneuerte ich vorsichtshalber die Schlaufe an meiner Fliegenschnur. Hierfür legte ich das Ende der Schnur doppelt und umwickelte diese Doppelung auf einer Länge von ca. !6-7cm! ausgiebig mit einem starken Bindegarn. Diese Wicklung sicherte ich mit etwas Sekundenkleber und reichlich Poylurethan. In der folgenden Nacht konnte ich um 3:30Uhr einen sehr großen, raubenden Tarpon anwerfen und erfolgreich verführen! Dieser Fisch war immens stärker als die Tarpone zuvor. Nach 2 Stunden und 50 Minuten lag der Tarpon - wir schätzten ihn auf mindestens 140-150 Pfund, kurz vor dem Boot auf der Seite. Nachdem er sich jedoch noch ein allerletztes Mal aufbäumte und mächtig mit seinem Kopf schüttelte, riß das Ende der Fliegenschnur aus der gewickelten Schlaufe. Nach einiger Recherche: Das Polyurethan verlor durch die hohe Wassertemperatur deutlich an Festigkeit und war somit ungeeignet zum Sichern dieser Verbindung. Hinterher ist man natürlich immer schlauer. Insgesamt konnte ich aus 8 Tarponbissen 5 erfolgreich haken und bis auf den kleineren Tarpon alle bis zum Booot drillen. Beeindruckende, großartige Fights, die ich nie vergessen werde! Für die kurze Zeit des Tarponfischens an der richtigen Stelle eine sehr gute Bilanz! Da dies eine erste Reise nach Nicaragua war, zahlten wir wie gewohnt einen soliden Teil an Lehrgeld. Die Rechnung, einen dieser Tapam auch zu landen, blieb offen, und so stand für mich unmittelbar fest, dass ich bereits im Folgejahr wieder in die Pearl Lagoon zum Fliegenfischen auf Tarpon reisen würde! Wenn mich jemand begleiten möchte, melde Dich gerne! Ich kann es kaum abwarten, mich erneut mit einem dieser unglaublichen Kraftpakete anzulegen, zumal sie hier in Wassertiefen von bis zu über 15 Meter besonders stark kämpfen.
Herzlich Euer
Bernd Ziesche


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