- Meerforellenfischen im Hochsommer -

Modernes Sommermärchen oder die beste Zeit des Jahres?

 



In der Fachpresse wie auch innerhalb der Szene des Meerforellenangelns selbst, stolpert man seit jeher über zwei fundamentale Aussagen:

1. „Der August ist der schlechteste Monat für das Küstenangeln auf Meerforellen.“

2. „Im Sommer fängt man die Meerforellen am besten nachts.“

Doch was ist wirklich dran an diesen zwei Aussagen?

Ich selbst hatte Glück. Als ich vor vielen Jahren mit dem Meerforellenangeln anfing, erwischte mich das „Meerforellenfieber“ derart stark, dass ich mich der Küste selbst im August nicht entziehen konnte.
Und Sie ahnen es schon, ich konnte dem Versuch, den Meerforellen auch tagsüber nachzustellen, ebenfalls nicht widerstehen.

Besonders in den ersten Jahren verfolgte ich intensiv jegliche Berichterstattung der Fachpresse zum Küstenangeln auf Meerforellen. Und den Ratschlägen und Marschrichtungen jener Fachliteratur folgend, zog es mich während der Sommermonate in vielen lauen Nächten zum Fliegenfischen an die Küste.

Bevor ich Ihnen den Extrakt aus meinen Erfahrungen unzähligen Stunden des Küstenangelns rund um die Uhr präsentiere, lassen Sie mich zunächst die Begriffe der Tages- und Nachtangelei definieren:
Unter der Tagesangelei verstehe ich das Angeln in den Dämmerungsphasen, sowie zur hellen Zeit des Tages, während ich unter der Nachtangelei das Angeln während der Dunkelheit verstehe.

Der Extrakt vieler Jahre

Bereits nach wenigen Jahren des intensiven Meerforellenangelns während der gesamten Saison kristallisierte sich der August zunehmend als einer meiner beiden Lieblingsmonate heraus. Und in dieser hochsommerlichen Zeit waren es von Beginn an besonders die am Tage gemachten Fänge, welche einen großen Anteil an diesem Ergebnis hatten.
Entgegengesetzt jener ersten Aussage, der August sei der schlechteste Monat des Jahres für das Meerforellenfischen, konnte ich in vielen Jahren meine meisten Meerforellen mit der höchsten Durchschnittsgröße genau im August fangen.
Im Vergleich zwischen der Tages- und Nachtangelei konnte ich im Schnitt 80% meiner Meerforellen während der hellen Zeit des Tages überlisten.








Die richtige Strategie

Zunächst gilt es eine geeignete Region entlang der Ostseeküste zu wählen. In einigen Regionen wie z.B. Südschweden oder Rügen sinken die Fangzahlen für Meerforellen mit dem Eintreffen der Hornhechte im Mai rapide und längerfristig ab. Doch in anderen Regionen wie z.B. am kleinen Belt oder am Kattegat in Dänemark steigen die Fangzahlen zum August hin deutlich an.
Hat man eine optimale Region gewählt, gilt es die richtigen Plätze ausfindig zu machen. Im Gegensatz zu der oft publizierten Meinung, im Sommer benötige man tiefe Stellen mit starker Strömung, um erfolgreich auf Meerforellen angeln zu können, stelle ich selbst den Meerforellen an den gleichen Stellen wie auch im Frühjahr nach.
„Leopardengrund“, eine gute Welle bei seitlichen Winden, leichte Wassertrübung und Strömung kennzeichnen den optimalen Platz. Diese Kennzeichen dürften Ihnen auch bekannt vorkommen, wenn Sie bisher nicht an der hochsommerlichen Angelei auf Meerforellen teilgenommen haben.
Mein Standardrezept lautet: Langsam sinkende („intermediate“) Fliegenschnur, ca. 4,0-4,5m langes monofiles Vorfach mit 0,25mm Spitzendurchmesser, Schlaufenknoten und eine im Frontbereich mit Blei beschwerte Fliege wie z.B. dem >>Samsökiller.
Daneben kann es gerade im Sommer äußerst spannend sein, einen unbeschwerten Muddler Minnow hinter einer schwimmenden Fliegenschnur an der Wasseroberfläche furchen zu lassen. Die Bisse sind oft spektakulär. Dafür gehen verglichen mit ersterer Methode viele Meerforellen im Drill verloren.



Beim Angeln in starker Strömung ist es oft sehr erfolgreich, eine kleinere Fliege unter langsamer Führung schräg zur Strömung hinter der deutlich sinkenden Fliegenschnur Richtung Grund abdriften zu lassen. Hierbei nehmen die Meerforellen oft vehement die Fliege!
Welche Methode für Sie die richtige ist, sollten Sie selbst anhand der Situation am Wasser und Ihren Vorlieben entscheiden.


Die Nachtangelei

Eine weitere sehr interessante Facette der hochsommerlichen Meerforellenangelei ist die Nachtangelei. Insbesondere in lauen Vollmondnächten mit sternklarem Himmel bietet sich eine beeindruckende und abwechslungsreiche Atmosphäre zugleich.
Ich selbst fische zumeist mit einer schwarzen Muddlerfliege hinter der langsam sinkenden Fliegenschnur. Meine Einholgeschwindigkeit ist die meiste Zeit - wie am Tage auch, sehr schnell. Zweifeln Sie nicht daran, ob die Meerforelle im Dunkeln Ihre Fliege findet.
Das Überleben der Meerforelle hängt von ihrer Fähigkeit ab, Ihre Fliege wahrzunehmen! Und sie ist eine Meisterin im Auffinden ihrer Nahrung oder dessen, was sie dafür halten mag.
Speziell für die Nachtangelei suche ich bevorzugt Riffe mit vorhandener Strömung auf. Hier stellen sich nachts regelmäßig gute Meerforellen ein.









Die beste Zeit des Tages

Kurzum die nach meiner Erfahrung beste Zeit des Tages in Punkto Meerforellenfänge liegt zwischen 9 Uhr und 13 Uhr. Scheuen Sie auf keinen Fall die Mittagssonne. Auch nicht bei spiegelglattem Wasser. Hier bietet sich dem Mutigen manch „Sternstunde“ zur hochsommerlichen Zeit!

Zielfisch Meerforelle

Erwähnt sei hier unbedingt, dass viele der Meerforellen, die man im Sommer an der Küste fängt, bereits ein mehr oder weniger deutlich erkennbares Laichkleid „angezogen haben“.

Für mich selbst sind diese Meerforellen von besonderer optischer Schönheit geprägt. Gerne setze ich viele dieser Meerforellen zügig in ihre Freiheit zurück, denn gerade diese Meerforellen besitzen vergleichsweise eine sehr gute Überlebenschance:
Einhergehend mit dem Annehmen des Laichkleides sitzen die Schuppen zunehmend fester. Ferner verstärkt sich die schützende Schleimschicht über dem Schuppenpanzer, und die sogenannte „Aufsteiger-Meerforelle“ wird von Natur aus insgesamt deutlich widerstandsfähiger.
Natürlich kann man auch gerne einmal eine Aufsteiger-Meerforelle für den Verzehr entnehmen und dafür eine silberblanke Meerforelle zurücksetzen.
Die Grundlage des Zurücksetzens sollte stets die gute Überlebenschance des Fisches sein!
Wer sich nicht wohl bei dem Gedanken fühlt, eine Meerforelle zu fangen, der man den mehr oder weniger bevorstehenden Aufstieg ins Süßwasser äußerlich bereits ansehen kann, der sollte mindestens zwischen dem Mai und dem Dezember nicht auf Meerforellen angeln gehen. Denn in dieser Hälfte des Jahres sind viele der Meerforellen bereits klar und deutlich als potentieller Aufsteiger identifizierbar.
Ich selbst bin stets bestrebt, ein der Situation und dem Fischwasser angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Entnehmen und dem Zurücksetzen zu wahren.
Der Weisheit letzten Schluß hat hier bisher niemand ergründet, nicht zuletzt deswegen sollten wir Angler uns gegenseitig stets mit Respekt begegnen - auch, wenn wir vielleicht einmal leicht unterschiedliche Prinzipien verfolgen mögen.







Kennzeichen der Augustangelei

Big Points, welche im positiven Sinne für das Meerforellenangeln im August sprechen:

1. Es besteht ein vergleichsweise sehr geringer Befischungsdruck.

2. Kaum ein Angler angelt zur besten Zeit des Tages, nämlich zur Mittagszeit.

3. Es bestehen angenehme, milde Temperaturen, und nicht selten herrscht T-Shirt-Wetter!

4. Es besteht eine vergleichsweise gute Chance, viele Meerforellen mit sehr guter Durchschnittsgröße zu fangen.

5. Die Meerforellen sind optisch und kämpferisch in Topkondition.

6. An vielen Stellen weiter draußen am offenen Meer findet eine sehr interessante und abwechslungsreiche Angelei im Strom der Gezeiten statt.

7. Das Spektrum der Sommerangelei ist weit größer als das der kalten Jahreshälfte: Effektive Tages- und Nachtangelei, Angeln im Strom der Gezeiten, Angelei auf Meerforellen, Meeräschen, Hornhechte, Dorsche und sogar Makrelen.



8. Der Familienurlaub lässt sich in der sommerlichen Hochsaison ausnahmsweise effektiv mit dem Angelurlaub kombinieren!

9. Insbesondere für Einsteiger sind die Angelbedingungen insgesamt erheblich einfacher.

10. Die Meerforellen sind sehr aktiv und bieten so auch an der Wasseroberfläche eine spannende Fischerei – nicht selten sogar auf Sicht!

An dieser Stelle fragen Sie sich vielleicht: „Wie konnten sich die eingangs erwähnten Aussagen trotz der gänzlich konträren Realität solange halten?“

Die Antwort ist denkbar einfach:

Wer überzeugt ist, nichts zu fangen, der wird auch nichts fangen!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Glück und ein wenig Mut bei der Wahl Ihres nächsten Urlaubszieles!

Vielleicht sehen wir uns ja auf einer der >>Sommerreisen der Fliegenfischerschule First-Cast.

Herzlich Ihr und Euer
Bernd Ziesche





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